Aufruf zur Demo vom 21. 10 / 18 Uhr Platz der Menschenrechte
english version below
Unser Freund und Gefährte Sugar soll am Donnerstag, den 22. Oktober 2020 in einem Charterflug als Sammelabschiebung mit vielen anderen geflüchteten Menschen nach Nigeria abgeschoben werden. In das Land, das er vor über 10 Jahren verlassen hat – aus Gründen, die schrecklich sind, uns aber an dieser Stelle nicht interessieren sollten. Wichtig ist: Sugar kam hierher, will hier bleiben und das darf nicht verhandelbar sein! Bewegungsfreiheit ist ein Menschenrecht!
Der österreichische Staat interessiert sich aber nicht für Rechte von illegalisierten Personen, denn er baut auf rassistischen Strukturen und tut alles, um asylsuchende Menschen in möglichst großer Zahl loszuwerden. Geflüchtete mit Papieren werden in Länder rückgeführt, in denen Krieg, ökologische und/oder ökonomische Krisen herrschen, solche ohne werden über Monate und Jahre in europäischen Knästen oder Lagern in Schubhaft gehalten, ohne Prozess und unter ständiger Verlegung von PAZ zu PAZ. Es wurden im Zuge der verschärften Asylpolitik auch in Österreich Abschiebezentren errichtet (Schwechat, Bürglkopf, Bad Kreuzen), in denen Geflüchteten jede Möglichkeit genommen wird, ihr Leben in irgendeiner Weise selbst zu gestalten, dort bleiben sie isoliert von der Gesellschaft interniert und erkranken in ihrer Aussichtslosikeit psychisch. Gerade letzte Woche hat ein Mensch im Rückkehrzentrum Bürglkopf versucht, sich das Leben zu nehmen. Zudem wurde bekannt, dass Angestellte der Sicherheitsmaschinerie (Polizei und Security) an solchen Orten häufig gewaltätiges und missbräuchliches Verhalten gegenüber den Gefangenen zeigen. Es gibt eine grosse Anzahl Dokumentationen dieser Übergriffe. Aus der Verwahrung von geflüchteten Menschen wird zudem enormer Profit geschlagen – Unternehmen wie ORS verdienen mittlerweile Milliarden am Asylbusiness.
Das europäische Asyl- und Migrationsregime funktioniert nicht durch Zufall auf diese Weise! Prekarisierung von migrantisierten Personen und Illegalisierung von Flucht spielen kapitalistischer Ausbeutung in die Hand: je entrechteter Menschen sind, desto weniger Lohn muss ihnen gezahlt werden. Die Androhung der Abschiebung fungiert dabei wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Betroffenen und zwingt sie in eine Lebensrealität, die sich von jener der meisten österreichischen Staatsbürger*innen dramatisch unterscheidet. Dabei halten aber genau jene Menschen den Alltag in diesem Staat aufrecht, in dem sie beispielsweise Nahrungsmittel produzieren, in der Gesundheitsversorgung arbeiten, lebenswichtige Care-Arbeit leisten oder gerade jetzt unerlässliche Reinigungsarbeiten verrichten.
Solche Entscheidungen, wie eine Sammeldeportation, in Zeiten einer globalen Pandemie, zeigen die rassistische Funktionsweise des Abschieberegimes ganz klar! Wenn die Regierung von “Solidarität” spricht wissen wir genau: dieses Gebot gilt nur für das nationale Kollektiv, es endet vor den Mauern der Polizeianhalte- und Schubhaftzentren in Österreich und vor den EU-Außengrenzen. Europa übernimmt keine Verantwortung für seine Geschichte, die Kolonialismus, Landraub, Genozid, Sklaverei, Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung beinhaltet.
Keine einzige dieser Entscheidungen, d
ie Österreich, die EU oder Europa trifft, ist unvermeidlich oder notwendig, das alles ist politisch gewollt und wird von zu vielen mitgetragen oder hingenommen. Das gilt für Sugars Fall ebenso wie für alle anderen, die mit Gewalt in ein Land gebracht werden sollen, in dem sie nicht mehr leben möchten.
So fest der nationale Konsens auch scheint, er ist angreifbar. Denn die Bewegungsfreiheit von Menschen institutionell einzuhegen, ist ein politischer Kraftakt. Er braucht Kollaborateur_innen und jedes Glied der Abschiebekette ist eine mögliche Bruchstelle. An jedem Hebel kann sich gegen die Sortierung von Menschen und ihre Misshandlung in Namen staatlicher Bevölkerungskontrolle entschieden werden, überall kann Sabotage greifen. Von den politischen Parteien, die schreiendes Unrecht in Gesetze gießen, über Amtsärzt_innen, Cops und Pilot_innen, die mitspielen müssen, bis hin zu den Unternehmen, die an der Kasernierung von Geflüchteten, dem Bau von Grenzzäunen und den Abschiebungen verdienen, lässt sich ansetzen und Druck aufbauen!
Bleiberecht und Freiheit für alle!
Solidaritätsfoto aus Graz für Sugar.
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ENGLISCH
Sugar stays! Everyone stays!
Our friend and companion Sugar is supposed to be deported to Nigeria on Thursday, the 22th of October 2020 in a large charterflight with many other refugees. He is supposed to be deported in a country he left more than 10 years ago – for reasons, that are terrible, but shouldn’t be point of our interest right now. What matters is: Sugar came here, he wants to stay and that shouldn’t be up for negotiation! Freedom of movement is a human right!
But the austrian state doesn’t care for the rights of illegalized persons. It’s founded in racist structures and it does everything, to get asylum seekers out of the country. Refugees with documents are being deported to countries in which war, economical and/or ecological crisis obtain. Those without documents are being kept imprisoned for months and years in european prisons or camps in the so called „Schubhaft“. As part of the radicalized asylum politics of the last decades and years, deportation centers have been established in Austria, too (Schwechat, Bürglkopf, Bad Kreuzen). In these centres/camps, refugees are being taken away every possibility to shape their lives by themselves, they are being held captive, isolated from the society and they sicken mentally due to the lack of any perspective. Just last week, someone in the deportation center Bürglkopf tried to commit suicide. It has also been made publically, that the staff of the security sector (police and private security) in many cases show violent and abusive behaviour towards the imprisoned. These acts have been documented. Furthermore, security corporations like ORS are making millions of profits with the detention of refugees.
The precarization of migrants and the illegalization of flight play into the hands of capitalist exploitation: the more disenfranchised people are, the less wages they have to pay. The threat of deportation acts like a sword of Damocles over the heads of those affected, forcing them into a life reality that is dramatically different from that of most Austrian citizens. However, it is precisely those people who maintain everyday life in this state, where they produce food, work in health care, perform vital care work or, especially now, perform essential cleaning work.
Such decisions, such as a collective deportation, in times of a global pandemic, clearly show the racist functioning of the deportation regime! When the government speaks of “solidarity” we know exactly: this commandment only applies to the national collective, it ends in front of the walls of the police detention and deportation detention centers in Austria and in front of the external borders of the EU. Europe takes no responsibility for its history, which includes colonialism, land grab, genocide, slavery, war, exploitation and oppression.
None of these decisions taken by Austria, the EU or Europe is inevitable or necessary, all of this is politically desired and is supported or accepted by too many. This is true for Sugar’s case as well as for all others who are to be forcibly brought to a country where they no longer want to live.
The problems are called racism, nationalism and capitalism!
As solid as the national consensus seems, it is vulnerable. Because institutionally restricting the freedom of movement of people is a major political effort. It needs collaborators; every link in the chain of deportation is a possible break. At every lever, a decision can be made against the sorting of people and their mistreatment in the name of state population control; sabotage can take hold everywhere. From the political parties that cast blatant injustice into laws, to public health officers, cops and pilots who have to play along, to the companies that make money from barracking refugees, building border fences and deportations, pressure can be applied and pressure can be built up!
Right of residence and freedom for all!