Am 29. Juni fuhren zwei Freunde auf einem Fahrrad durch die Stadt – eigentlich ein ganz normales Bild. Doch für die Innsbrucker Polizei ein Grund, diese mit Blaulicht und Sirene zu stoppen und sofort die Ausweisdokumente der Beiden einzufordern. Eine der beiden Personen konnte der Aufforderung nicht nachkommen, da er seit seiner Flucht aus Nigeria keine Papiere mehr besitzt. Daraufhin wurde er an Ort und Stelle inhaftiert.
Die österreichische Polizei betreibt bei ihren “Routinekontrollen” ständig racial und social profiling! Das heisst: Menschen werden aufgrund ihrem Äusseren, z.B. der Hautfarbe, ihrer Haarfarbe, ihren Klamotten oder ihrem Gepäcksstück (Plastiksack statt Koffer usf.) kontrolliert.
Sugar lebt seit sechs Jahren in Österreich, zuletzt in der Gemeinde Innermanzing. Dort hatte er all seine Freunde und spielte Fußball und Tischtennis im Verein. Die Menschen in seiner Gemeinde hatten alle möglichen Hebel in Bewegung gesetzt, um ihren Nachbar, Bekannten und Freund in Österreich zu behalten – erfolglos. Nach dem zweiten abgelehnten Asylantrag kam die Fremdenpolizei und riss ihn aus seinem gewohnten Umfeld, um ihn in Schwechat in Schubhaft zu stecken!
Er wurde dann wegen Corona hin- und herverlegt in den verschiedenen Rückkehrzentren, ohne dabei richtig informiert zu werden, wie es nun weitergehe. Zuletzt kam er nach Tirol, in das völlig abgelegene Zentrum am Bürglkopf bei Fieberbrunn. Von dort aus gelang ihm eine Flucht und solidarische Menschen nahmen ihn auf. Sugar verlangte von ihnen nichts, er war nur oft sehr müde von all den Gesprächen und Fragen, denn er wollte einfach wieder zurück in seine Heimat in Niederösterreich und endlich den Alltag eines normalen Menschen leben. Sugar ist trotz seiner schwierigen Situation und des ungeklärten Status ein lebensfroher, freundlicher Mensch, so berichten es alle, die ihn je getroffen haben. Er gab nie auf und hat auch sich auch für die anderen geflüchteten Menschen, ob in Schwechat, Traiskirchen oder Bürglkopf, eingesetzt.
Jetzt sitzt Sugar schon wieder im Knast, und nicht etwa, weil er einem Menschen Leid zugefügt hat oder irgendwas in diese Richtung. Er sitzt in der Zelle, weil er den Polizist:innen nicht ein Stück Papier vorzeigen konnte.
Die österreichische/europäische Asylpolitik und die von der Polizei durchgeführte “alltägliche Routinekontrolle” könnten für Sugar das Ende seines sechsjährigen Lebens in Österreich bedeuten. Die Polizist:innen gingen vielleicht Abends nach dem Dienst noch ein Bier trinken, lachten über dies und das, in völliger Ignoranz darüber, was ein solcher Einsatz für einen anderen Menschen heißen kann! Ebenso die Politiker:innen, die dafür verantwortlich sind.
Er erlebt völlig ungerechtfertig eine Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit und seine Isolation durch die Unterbringung in den Rückkehrzentren und jetzt durch die Haft!
Ausserdem heisst es für die Gemeinde, in der er gelebt hatte, den Verlust einer wundervollen Bereicherung, für seine Freund:innen das Aus für alle schönen gemeinsamen Momente und für ihn selbst den Verlust seines Umfelds.
Und vorallem, für Sugar hat es verheerende Folgen, wenn wir seine Abschiebung nicht verhindern können: die Gefährdung seines Lebens in Nigeria, wo seine Familie verfolgt wurde!
Bild: Anarchistbanners